are there people you care about? / what is your wish to them? / shall they share your experience? / do you want to share their's? ...
Wie Freud häufig betonte, ist das Schlüsselmerkmal der Angst auslösenden Träume, in denen der Träumer nackt vor einer Menschenmenge steht, die merkwürdige Tatsache, dass niemand die Nacktheit zur Kenntnis zu nehmen scheint: die Menschenmenge steht, die Menschen gehen einfach vorbei als wäre alles normal ... Ist das nicht der alptraumhafte Szene alltäglich rassistischer Gewalt ähnlich, deren Zeuge ich 1992 in Berlin wurde? Zuerst schien mir, dass auf der anderen Seite der Straße ein Deutscher und ein Vietnamese wie zum Spiel einen ausgeklügelten Tanz umeinander aufführten - ich brauchte einige Zeit, um zu begreifen, dass ich Zeuge eines Falls rassistischer Belästigung war: Wohin auch immer sich der perplexe und verängstigte Vietnamese wendete, der Deutsche versperrte ihm den Weg, hier in Berlin.
Der Grund für mein anfängliches Mißverständnis war ein doppelter: Zuerst die Tatsache, dass der Deutsche seine Belästigung in seltsam kodifizierter Weise durchführte, bestimmte Grenzen respektierte und nicht so weit ging, den Vietnamesen direkt anzugreifen; recht betrachtet hat er ihn eigentlich nicht berührt, er versperrte ihm bloß den Weg. Der zweite Grund war natürlich die Tatsache, dass die Tatsache, dass die vorübergehenden Passanten den Vorfall ignorierten - oder besser zu ignorieren vorgaben -, die Augen abwandten und weitereilten, als wäre nichts passiert. Ist der Unterschied zwischen dieser "harmlosen" Belästigung und dem brutalen körperlichen Angriff eines neonazistischen Skinheads alles, was von der Unterscheidung "Zivilisation und Barbarei" übriggeblieben ist? Und war nicht diese "harmlose" Belästigung in gewisser Weise sogar die schlimmere? Sie ermöglichte den Vorübergehenden, den Vorfall zu ignorieren und als etwas Gewöhnliches zu akzeptieren, was im Falle eines direkten und brutalen körperlichen Angriffs nicht gegangen wäre. Und ich bin versucht, zu behaupten, eine ähnliche Ignoranz, eine Art moralische Epoche setzte auch dann ein, wenn wir dazu geführt werden, die anderen als Homo sacer zu behandeln. Wie aber kommen wir aus dieser misslichen Lage heraus?
/ Von Slavoj Zîzêk.
Wie Freud häufig betonte, ist das Schlüsselmerkmal der Angst auslösenden Träume, in denen der Träumer nackt vor einer Menschenmenge steht, die merkwürdige Tatsache, dass niemand die Nacktheit zur Kenntnis zu nehmen scheint: die Menschenmenge steht, die Menschen gehen einfach vorbei als wäre alles normal ... Ist das nicht der alptraumhafte Szene alltäglich rassistischer Gewalt ähnlich, deren Zeuge ich 1992 in Berlin wurde? Zuerst schien mir, dass auf der anderen Seite der Straße ein Deutscher und ein Vietnamese wie zum Spiel einen ausgeklügelten Tanz umeinander aufführten - ich brauchte einige Zeit, um zu begreifen, dass ich Zeuge eines Falls rassistischer Belästigung war: Wohin auch immer sich der perplexe und verängstigte Vietnamese wendete, der Deutsche versperrte ihm den Weg, hier in Berlin.
Der Grund für mein anfängliches Mißverständnis war ein doppelter: Zuerst die Tatsache, dass der Deutsche seine Belästigung in seltsam kodifizierter Weise durchführte, bestimmte Grenzen respektierte und nicht so weit ging, den Vietnamesen direkt anzugreifen; recht betrachtet hat er ihn eigentlich nicht berührt, er versperrte ihm bloß den Weg. Der zweite Grund war natürlich die Tatsache, dass die Tatsache, dass die vorübergehenden Passanten den Vorfall ignorierten - oder besser zu ignorieren vorgaben -, die Augen abwandten und weitereilten, als wäre nichts passiert. Ist der Unterschied zwischen dieser "harmlosen" Belästigung und dem brutalen körperlichen Angriff eines neonazistischen Skinheads alles, was von der Unterscheidung "Zivilisation und Barbarei" übriggeblieben ist? Und war nicht diese "harmlose" Belästigung in gewisser Weise sogar die schlimmere? Sie ermöglichte den Vorübergehenden, den Vorfall zu ignorieren und als etwas Gewöhnliches zu akzeptieren, was im Falle eines direkten und brutalen körperlichen Angriffs nicht gegangen wäre. Und ich bin versucht, zu behaupten, eine ähnliche Ignoranz, eine Art moralische Epoche setzte auch dann ein, wenn wir dazu geführt werden, die anderen als Homo sacer zu behandeln. Wie aber kommen wir aus dieser misslichen Lage heraus?
/ Von Slavoj Zîzêk.
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